Die Firmengeschichte des Baugeschäfts
Der Gründer des Baugeschäftes an der Bahnhofstrasse war Luigi Lionelli Mascetti (1875–1939) aus dem italienischen Gironico, einen Steinwurf von der Schweizer Grenze entfernt. Als elftes von zwölf Kindern musste er früh seinen Lebensunterhalt selber verdienen. Mit 17 Jahren ging er als «Pflasterjunge» (Handlanger) nach Deutschland; 1902 tauchte er erstmals als Saisonnier in Appenzell auf. Zwei Jahre später liess er sich hier nieder, er erscheint als «Cementier» und «Maurermeister» im Eheregister.
Bereits am 4. März 1905 zeigte er mittels Inserat die Errichtung seines neu gegründeten Baugeschäftes mit Sitz «ob dem Bahnhof» an. Er empfahl sich für «alle vorkommenden Maurerarbeiten, Neu- und Umbauten jeder Art unter Zusicherung prompter Bedienung und sorgfältiger Ausführung bei mässigen Preisen».
Gute Auftragslage
Dieses Konzept scheint auf ein gutes Echo gestossen zu sein, denn schon in diesem ersten Jahr konnte Mascetti 45 Saisonniers vornehmlich aus Norditalien, darunter auch etliche Verwandte, beschäftigen. Nach einer Flaute im Jahr 1906 (19 Mann) stieg der Bestand im Jahr 1908 gar auf 64 Mitarbeitende. Seine Firmengeschichte wird beispielhaft zur Migrantengeschichte: Auf seiner Lohnliste findet sich der Stammvater aller Gollino-Familien in Appenzell. Und mit Luigi Isotton, einem Jahrgänger Mascettis aus der norditalienischen Provinz Belluno, ging er bereits per 1. Januar 1914 eine Kommanditgesellschaft ein. Der Firmenname wurde unter «Mascetti u. Isotton, Bauunternehmungen» ins Handelsregister eingetragen, allerdings erst im April 1918. Mascetti und Isotton hatten sich aus dem Handlangerdasein befreit und scheinen erfolgreiche Unternehmer gewesen zu sein. Sie waren am Bau der Bodensee-Toggenburg-Bahn und an der Verbauung der Muota im Kanton Schwyz beteiligt, bauten ein Pulvermagazin im Bernbiet, eine Kirche und ein Lagerhaus in Chiasso (TI). Die rund 200 Meter lange Betonmauer entlang der Sitter bei der Bleiche geht ebenfalls auf sie zurück. Zahlreiche Aufträge im lokalen Strassenbau gingen an sie, und der Neubau der Kirche Schwende (1928/29) wurde zum Prestigeobjekt. In einem Auftrag von gegen 350’000 Franken zum Bau der Waldstrasse Lehmen-Potersalp (1932) – es handelte sich um eine Massnahme zur Beschäftigung von Arbeitslosen – teilte sich das Unternehmen mit der Baufirma Schmid & Cie., Appenzell.
«Schmid & Mascetti»
Nach dem Rückzug der Patrons führte Anton Emil Mascetti, der Sohn des Firmengründers, das Unternehmen für kurze Zeit als Einzelfirma. Schon 1936 ging er mit den Gebrüdern Adolf und Josef Schmid (J. Schmid & Co.) eine Kollektivgesellschaft ein. Alle Aktiven und Passiven der Vorgängerfirmen wurden übernommen und in der «Schmid & Mascetti, Baugesellschaft Appenzell» zusammengeführt.
Einer ihrer grössten Aufträge in Appenzell umfasste die Erd-, Maurer-, Beton- und Eisenbetonarbeiten am Westflügel des Gymnasiums 1939. Zu kämpfen hatte man mit einer vom Bund verordneten Zement-Rationierung.